Vor genau 35 Jahren, am 22.12.1983, öffnete die Wohngebietsgaststätte „Am Brunnen“ ihre Türen für die Ludwigsfelder Bevölkerung. Es ist bedauerlich, dass sie nur 20 Jahre später schon wieder abgerissen werden musste. Zu ihrer Zeit war sie ein Lichtblick für die Ludwigsfelder Gastronomie. Das Haus war ja nicht einfach „nur“ eine Gaststätte, hier fand man eine Bierstube, eine Kegelbahn, ein Restaurant und ein Kleines Restaurant sowie einen Saal. Am 28. September 1984 öffnete dann auch die „Brunnen-Bar“ in der oberen Etage. An Wochenenden, zu Zeiten großen Andrangs, wurde die Saalerweiterung Bestandteil des Barbereichs. Insgesamt waren in diesem Haus mehr als 400 Plätze vorhanden. Ein außergewöhnlich umfangreiches gastronomisches Angebot, komprimiert in einem Gebäude. Heute dagegen ist das Angebot in dieser Richtung in Ludwigsfelde-Nord leider nur noch sehr beschränkt.
Die Wohngebietsgaststätte „Am Brunnen“ etwa Mitte der 80-er Jahre
Hier wurde ein Plan auch umgesetzt
Blickt man etwas weiter in die Vergangenheit zurück, so muss man sich verwundert die Augen reiben ob der Tatsache, dass diese Einrichtung überhaupt entstehen konnte.
Schon bei der Planung der sozialistischen Wohnstadt (jetzt Dichterviertel) sollten am Platz vorm Kulturhaus noch eine Post, ein Rathaus und ein Hotel samt Gaststätte mit 240 Plätzen entstehen. Bis auf das Klubhaus wurde jedoch damals nichts verwirklicht. Auch bei der zweiten Wohnstadt zwischen Karl-Liebknecht-Straße und Salvador-Allende-Straße an der Potsdamer Straße war ein Wohngebietszentrum in der ursprünglichen Planung vorgesehen. Ein Hotel mit Gaststätte sollte entstehen, ebenso wie ein Kino, eine ganze Reihe von Läden, eine Tankstelle, eine Hochgarage für 240 Kfz und noch weitere andere Bauten. Von den genannten Dingen wurde damals wieder nichts verwirklicht, lediglich anstelle des als Hochhaus geplanten Hotels steht nun das Hochhaus. Es folgte Ludwigsfelde-West, die Bebauung zwischen Salvador-Allende-Straße und Donaustraße. Auch hier war ein kleines Zentrum geplant. Eine Gaststätte, eine Kaufhalle, ein Waschstützpunkt und dazu ein elfgeschossiges Hochhaus. Die Kaufhalle wurde verwirklicht.
1978 begannen dann die Baumaßnahmen für den 1. Teilkomplex von Ludwigsfelde-Nord. Auch hier war, neben einer Schule mit Turnhalle und Sportanlage sowie einer Kindertagesstätte, eine Gaststätte in der Planung vorgesehen. Im Zuge der Errichtung des 2. Teilkomplexes wurde sie, im Gegensatz zu den früheren Vorhaben in den anderen Stadtteilen, zusammen mit den Gebäuden des kleinen gesellschaftlichen Zentrums von Ludwigsfelde-Nord (2 Verkaufsstellen für WtB und Industriewaren, Post, Buchladen, Bibliothek, Dienstleistungen) in den 80-er Jahren tatsächlich und ohne Abstriche gebaut.
Ein Intershop musste her
Zu einem gehörigen Aufruhr sowohl in der Bevölkerung als auch seitens der Verantwortlichen der Stadt kam es Mitte der 80-er Jahre, als die Einrichtung eines Intershops in der Wohngebietsgaststätte „Am Brunnen“ zur Sprache kam. Die Parteiführung bei Kreis und Bezirk hatte Interesse daran, auch bei den Ludwigsfelder Bürgern ein wenig Devisen abzuschöpfen, jedenfalls von denen, die welche hatten. Das war nicht das eigentliche Problem, wohl aber der Standort. Man muss wissen, dass die Gaststätte zu diesem Zeitpunkt im Saal die Schülerspeisung für die beiden in der Nachbarschaft befindlichen Schulen übernahm. Hier galt die Sorge vor allem der Beeinflussung der Kinder. Sogar eine Einwohnerversammlung wurde aus diesem Grunde einberufen. Doch alles half nichts, Anfang 1986 eröffnete der Intershop. Und die Kinder drückten sich an den Scheiben die Nasen platt – wie befürchtet.
Da fehlt ja noch der Brunnen
Der Brunnen – das Wasserspiel, der der Wohngebietsgaststätte den Namen verlieh, existierte bisher noch gar nicht. Er wurde erst einige Jahre später von Ludwigsfelder Handwerkern errichtet und am 01.10.1987 übergeben. Ein weiteres Jahr später, am 21.12.1988 erhielt dieser Brunnen auch noch eine Beigabe. Die Plastik „Die Mädchen am Brunnen“ von Dietrich Rohde wurde aufgestellt. Die Gesamtkonzeption der Anlage wurde aufgrund vieler Vorschläge jedoch noch einmal überdacht und am 07.10.1989 konnte eine sehr schöne neu gestaltete Brunnenanlage eingeweiht werden.
Ludwigsfelder Handwerker (3.v.l. Brunnenbauer Dietrich Luther) an dem von ihnen gefertigten Brunnen
Im zweiten Teil des Beitrags erhalten Sie aus erster Hand einen interessanten Einblick in die Arbeit in der Gaststätte und erfahren sicher auch die eine oder andere Anekdote. Zudem werden Sie erfahren, wie es nach der Wende mit der Wohngebietsgaststätte weiter ging.
Quellen:
Carsten Benke, Ludwigsfelde – Stadt der Automobilbauer, Diss. an der TU Berlin, 2009
Gerhard Birk, Ludwigsfelder Geschichte und Geschichten Teil 3, 1988
Gerhard Birk, Ludwigsfelder Geschichte und Geschichten Teil 4, 1989